Über das Läuten von Kirchturmglocken spalten sich die Geister: Die einen empfinden kirchliches Glockenläuten gar als nerviges Gebrüll, andere verteidigen das in fester Zeitstruktur eingerahmte Läuten als unabdinglichen positiven Bestandteil ihres Alltags. Manch ein Glockengegner schrieb schon Beschwerdebriefe an seinen Pfarrer oder seine Pfarrerin. So erhielt auch Pfarrer Ulf Below eine schriftliche Beschwerde zu diesem Thema, woraufhin er mit dieser informativen Antwort reagierte:
Sehr geehrter Herr X! Zweimal haben Sie uns geschrieben, und ich möchte Ihnen gerne antworten und Ihnen erklären, weshalb wir bei dem vom Kirchenvorstand festgelegten Geläut bleiben möchten.
Unser Geläut ist für viele Menschen ein wichtiges Zeichen der Zugehörigkeit zu unserer Kirchengemeinde. Wenn ich das gottesdienstliche Läuten einmal ausnehme, da es als ein zum Kultus gehörendes und somit jenseits aller Diskussion stehendes Läuten ist, bedeutet das Geläut eben nicht nur eine Zeitansage, sondern vielmehr einen Rhythmus, der das Leben begleitet.
Wenn eines unserer Gemeindeglieder stirbt, wird am nächsten Morgen um 9:00 Uhr geläutet; nicht selten rufen mich dann Gemeindeglieder an und fragen, wer denn gestorben sei. Das ist keine Sensationslust, sondern ein mitfühlendes Mitgehen und oft genug auch ein Hilfeanbieten eines Menschen für seinen Nächsten.
Auch im Ablauf des Sonntagsgottesdienstes läuten wir die Glocken, die sogenannte Vaterunser-Glocke. Zu jeder der sieben großen und schweren Bitten des Vaterunsers gibt es nämlich einen Glockenschlag. Wer nicht am Gottesdienst teilnehmen kann, hört den Glockenschlagund kann sich so in das Vaterunser-Gebet der Gemeinde mit einbringen. Er weiß somit, dass in diesem Moment in seiner Kirche gebetet wird, vielleicht auch für ihn.
Am Mittwoch wiederum läuten wir um 12:00 Uhr die Glocken zu einem Mittagsgeläut, denn an dieser Stelle findet seit dem ersten Irakkrieg ein Friedensgebet statt. Es ist nur noch eine kleine Gruppe von Menschen, die sich zu diesem Termin in der Kirche versammelt, aber, stellvertretend für uns alle, sind sie dort und bitten Gott um Frieden. Ich finde es schön zu wissen, dass unserem Gott der Wunsch nach Frieden ausgesprochen wird, denn Frieden, da bin ich ganz sicher, wünschen sich alle Menschen auf der Erde.
Ich selber lebe seit vielen Jahren neben einer Kirche, auch als Kind lebten wir neben der Kirche, und auch für mich ist das Läuten eine wichtige Erinnerung an die mir von Gott geschenkte Zeit. Als Kind achtete ich auf den Glockenschlag und wußte, wann ich nach Hause kommen sollte, wann es Essen gab, wann mein Vater von der Arbeit kam. Ich weiß von Kindern unserer Gemeinde, dass es für sie ein ähnliches Erleben ist.
Ich erlebe jetzt, nachdem wir vor einigen Jahren hierher nach Salzgitter gezogen sind, wie das Läuten der Glocken auch unseren Alltag begleitet und ihm einen Rhythmus gibt. Ich erlebe auch, dass ich mich jetzt so sehr an das Geläut gewöhnt habe, dass ich oft das Schlagen der Glocke nicht mehr bewusst wahrnehme. In Gesprächen mit Kirchenvorstehern unserer Gemeinde habe ich von ähnlichen Erfahrungen hören können.
Nun mag nicht jeder Mensch seine Zeit als von Gott geschenkte Zeit ansehen und das Schlagen der Glocke als eine Erinnerung an Gottes Güte wahrnehmen; in diesem Fall ist eine Gewöhnung an das Schlagen der Glocken, mit der ein Überhören des Schlages einhergeht, zu begrüßen. Wie auch immer es bei Ihnen sei, lieber Herr X, wünsche ich Ihnen und wenn Sie Familie haben, auch Ihrer Familie ein gesegnetes Jahr. In der Osternacht läutet bald die Glocke der Auferstehung Christi, ist doch Ostern ein Fest, an dem wir von Gottes Liebe sprechen, die in der Auferstehung seines Sohnes Wahrheit wird.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben eine gute Gesundheit und den Segen Gottes.
Ihr Pfarrer Ulf Below
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03.03.2019
Kategorie: Gemeinde