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31.10.2021 Kategorie: Gemeinde

Ein verschobener Lebens-Meilenstein

Viermal feierte die Gemeinde Heilige Dreifaltigkeit in diesem Jahr Konfirmationen

Die Konfirmation bedeutet für viele junge Menschen evangelischen Glaubens ein Meilenstein auf ihrem Lebensweg. Während der zweijährigen Vorbereitungszeit im Konfer-Unterricht sollten zentrale Inhalte des christlichen Glaubens vermittelt und die Gemeinde kennengelernt werden; die Gemeinschaft innerhalb der Konfer-Gruppe sollte durch gemeinsame Blocktage, Freizeiten und Gottesdienste gestärkt werden; und schließlich sollte sich jede*r ganz individuell mit dem eigenen Glauben, der Bedeutung der christlichen Traditionen sowie allgemeinen Lebens- und Glaubensfragen auseinandersetzen. Begleitet werden die Konfirmand*innen dabei nicht nur von ihren Pfarrer*innen sondern auch von Teamer*innen, die diese besondere Lebensphase bereits erlebt haben.       
Mit der Konfirmation haben die Konfirmand*innen damit einen Meilenstein des religiösen Lebens erreicht, der auch Veränderungen mit sich bringt. Mit 14 Jahren sind sie religionsmündig, wodurch sie alle Rechte als Kirchenmitglieder der evangelischen Kirche erhalten. Sie werden zu vollwertigen Mitgliedern der Gemeinde, nachdem sie im Gottesdienst öffentlich ihren Glauben bekannt und damit ihre Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde bestätigt haben.

„Ich fühle mich überhaupt nicht vorbereitet!“ „Ich kenne die anderen Konfirmand*innen fast nur vom Bildschirm.“ „Wir hatten keine gemeinsame Freizeit – das Gemeinschaftsgefühl, das bei Gruppenaktivitäten entsteht, fehlt uns völlig.“ „Ich kann noch nicht einmal das Glaubensbekenntnis auswendig.“

Als ich die Konfirmand*innen und deren Familien befrage, erhalte ich die unterschiedlichsten Antworten, wie die vergangenen zwei, teilweise sogar drei Jahre empfunden und erlebt wurden. Durch die völlig neuartige Situation der weltweiten Pandemie, die sämtlichen Aktionen, Freizeiten und gemeinsamen Blocktage unmöglich machte, mussten sich die Konfirmand*innen plötzlich ganz neuen Herausforderungen stellen. Ausnahmslos alle waren sich einig, das Gemeinschaftsgefühl zu vermissen, das bei Gruppenaktivitäten und Freizeiten entsteht. Selbst der Konfer-Unterricht konnte nicht wie gewohnt stattfinden, sondern musste entweder ganz ausfallen oder vor Bildschirme verlegt werden – jede*r allein, auf Abstand zu anderen, entrückt in eine surreale Welt der digitalen Nähe. Selbst die Konfirmationen, der Meilenstein im Leben eines jeden evangelischen Christen, musste verschoben werden – etwas Einzigartiges in der Geschichte dieser beinahe 500-jährigen Tradition.         
Für viele bedeutete dies eine Zeit der Verunsicherung, sich isoliert von Gleichaltrigen den alltäglichen Hürden von Homeschooling und Leben in der Pandemie zu stellen. Für manche rückte das Thema „Konfirmation“ weit in den Hintergrund. Eine Beschäftigung damit fand eher nebensächlich statt. In der Familie wurde nur wenig darüber gesprochen, was über organisatorische Fragen hinausging. Dennoch haben sich diese jungen Menschen bewusst dafür entschieden, sich konfirmieren zu lassen, um ein vollwertiges Mitglied der christlichen Gemeinschaft zu werden. Vielleicht auch im Vertrauen darauf, das bis dahin nicht-Gelernte nachholen zu können, oder trotz Wissenslücken in der Gemeinde gut aufgehoben zu sein. Auf die Konfirmation zu verzichten, kam trotz aller Widrigkeiten nicht in Frage, der Meilenstein wurde weiterhin angestrebt und schließlich auch erreicht.

Doch ich höre auch gänzlich andere Berichte. Größere Geschwister erzählen stolz, dass sie die „Kleinen“ bestmöglich unterstützt haben, indem sie von ihrer eigenen Konfer-Zeit erzählten. Statt den Teamern wurden plötzlich die eigenen Familienmitglieder zu Ansprechpartnern für die Konfirmand*innen, sowohl in Glaubens- als auch Lebensfragen. Viele Familien sprechen davon, wie unglaublich intensiv diese Zeit gewesen sei – dabei geht es nicht nur um die Herausforderungen, denen sich plötzlich alle gegenüber sahen, sondern besonders um Chancen und Möglichkeiten. „Die Große ist ganz normal in den Konfer-Unterricht gegangen. Natürlich haben wir darüber gesprochen und uns ausgetauscht. Aber nachdem der ganze Unterricht für die Jüngere ausfiel, haben wir in der ganzen Familie deutlich mehr miteinander gesprochen und uns zu diesem Thema ausgetauscht“, erzählt mir ein Elternpaar vor der Kirche. In manchen Familien wurde schließlich gemeinsam beraten und diskutiert, welcher Konfirmationsspruch am schönsten ist und zum angehenden Konfirmanden passt. In anderen Fällen haben sich die Konfirmand*innen eigenständig einen oder mehrere Sprüche ausgesucht und später in der Familie diskutiert.     
Die Stimmen, die ich hier höre, sind sehr positiv – sie erzählen davon, wie Glaube in der Familie wieder Gesprächsthema wurde. Sie erzählen, wie Erfahrungen von Großeltern, Eltern, Geschwistern und aktuellen Konfirmand*innen ausgetauscht wurden und dadurch über Abende hinweg eine ganz eigene Verbundenheit entstand, die zwar nicht neu war, doch viel enger wurde.

Die jungen Menschen, die ich schließlich im Gottesdienst erlebe, sind selbstbewusst und sich ihrer Entscheidung sicher. Sie waren dazu gezwungen, sich zu entscheiden: auf die Konfirmation verzichten oder warten. „Einmal verschieben war in Ordnung, das musste ja sein. Nochmal wäre es aber nicht gegangen, das hätte ich nicht ausgehalten.“ Diese Aussage wurde durch viel Nicken der umstehenden Konfirmand*innen bekräftigt. Gleichzeitig waren sie sich aber auch einig, dass sie sich durch die Verschiebung und den damit einhergehenden Gedanken, viel bewusster für die Konfirmation entschieden hätten. Viel bewusster war das „JA“ zu Gott, viel persönlicher der selbst gewählte Konfirmationsspruch. Die Rosen, die jede*r Konfirmand*in von Pfarrer Ulf Below erhielt, wurden als ehrliches und herzliches Danke an Freunde oder Familienmitglieder verschenkt, um sich für die gemeinsame intensive Zeit zu bedanken.

Am Tag ihrer Konfirmation erreichten die Konfirmand*innen schließlich einen wirklichen Meilenstein ihres Lebens, der zwar etwas verschoben worden war, doch damit umso wertvoller wurde. Ihr Weg dahin war anstrengend und intensiv, doch für viele trotzdem eine sehr positive Erfahrung. Und während die neuen Konfirmand*innen „Schritte wagen im Vertrau’n auf einen guten Weg“, haben die diesjährigen Konfirmand*innen ihre „Schritte gewagt im Vertrau’n, dass letztlich Gott sie trägt.“

Bilder: Tina Wachter

Beitrag von Tina Wachter