Am 10.10.2021 traf sich die acm Braunschweiger Land e.V. zum alljährlichen Abschlussgottesdienst der Motorradsaison in der Heiligen Dreifaltigkeit in Salzgitter-Bad mit acm-Seelsorger und Gemeindepfarrer Ulf Below.
Doch bevor die Saison offiziell als beendet erklärt werden konnte, wurde die Gelegenheit noch einmal für eine gemeinsame Ausfahrt genutzt. Auch wenn manch einer von uns sich auf der kalten Anfahrt (vielleicht fünf Grad Celsius auf dem Thermometer, deutlich weniger am Fingerknöchel!) insgeheim eine Griffheizung wünschte und manch anderer seine Griffheizung ausgiebig genießen konnte, trafen wir uns motiviert und voller Vorfreude gegen Viertel vor Zehn unter unserem (unauffälligen) Banner am Turm der HDF-Gemeinde. Die Tour führte bei herrlichem Wetter über Clausthal-Zellerfeld und Osterrode nach Eschershausen. Im dortigen Café mit Motorradmuseum trafen wir nicht nur etliche (!) Gleichgesinnte auf zwei Rädern, sondern auch weitere acm-Mitglieder, die auf anderem Wege dorthin gekommen waren. Nach einer leckeren Stärkung im schönsten Sonnenschein – die Eisfinger des Morgens konnten hier kostenfrei gegen einen warmen Rücken und das Gefühl eines Spätsommertages eingetauscht werden – ging es zurück nach Salzgitter-Bad, um Gottesdienst zu feiern und die letzten Sonnenstrahlen beim gemeinsamen Grillen hinter der Kirche zu genießen.
Ein Saisonabschlussgottesdienst ist immer ein besonderer Moment. Das gute Wetter wird nun seltener, die Motorräder müssen deswegen immer häufiger in der Garage stehen bleiben. Vielleicht schlägt sogar das Saisonkennzeichen zu und zwingt das ‚Moped‘ in den Winterschlaf. Die Zeit der lauten Motoren, des rauschenden Fahrtwindes, das Lachen in Gemeinschaft während der Ausfahrt und am Rastplatz werden eingetauscht gegen die Stille des Winters. Winterschlaf für die Motorräder, Erinnerungen an die tolle Ausfahrt im vergangenen Sommer, den Motorradkonvoi und Gedenkgottesdienst im April, erstmals als Live-Stream. Es ist aber auch eine Zeit der Vorfreude auf das kommende Jahr, auf den Saisonauftakt, wenn die Zwei- und Viertakter wieder aus dem Winterschlaf aufwachen und keine Griffheizung mehr nötig sein wird sowie die kommenden beiden Touren im Sommer (einmal drei und einmal fünf Tage).
Und natürlich auf den Verkehrssicherheitstag mit Gedenkfahrt und Gottesdienst in St. Martini in Braunschweig. Eine Vorfreude, auf das Laut und Leise dieses besonderen Tages. Das Laut „auf dem Platz“, die Benzingespräche, die Live-Musik, das Feiern und den Tanz in den Mai, der 2022 mit unserer Veranstaltung zusammenfallen wird. Und auf das Leise, das Erinnern, das Trauern und das Raum-geben, in dem die Hinterbliebenen und Freunde der Verstorbenen einen Ort mitten unter uns Motorradfahrer*innen und Biker*innen finden, in dem sie in Stille trauern können.
„Es ist die Stille, unser Schweigen und Hören, in der Gott unser Gast wird. Und Gottes Wort wird uns in der Stille zum schützenden und bergenden Haus.“ So beschrieb Pfarrer Below es in unserem Saisonabschlussgottesdienst. Es ist eine gewisse Vorfreude auf den Demotag und den Gedenkgottesdienst da. Zum einen freuen wir uns an diesem Tag mit jedem*r von uns, der*die von Gott vor zu viel Wagemut, Dummheit oder dem Pech des unverschuldeten Unfalls geschützt wurde. Zum anderen gibt es eine gewisse Vorfreude auf diesen Tag, die sich aus dem Wissen um die Wichtigkeit unseres Gottesdienstes speist. Nicht die Wichtigkeit für uns, gleichwohl der Wunsch von Hinterbliebenen nach einem solchen Raum der Anstoß zur Gründung der acm wurde; sondern die Wichtigkeit für eben jene unter uns, die nicht mehr in diesem Leben mit Freunden und Angehörigen zusammen Motorradfahren, nicht mehr lachen und Benzingespräche führen können. Aber die Stille jenseits des Saisonkennzeichens ist keine Zeit der Trauer.
Das ‚Moped‘ im Winterschlaf bewachen, die Klamotten wieder einmal ausgiebig pflegen und mit Freunden auf der Landkarte die nächsten Abenteuer planen sind genauso wichtige Bestandteile des Motorradfahrens. Und manch stiller Moment kann auch genutzt werden, das ein oder andere Wort, das wir in der lauten Zeit gehört haben, in Herz und Hirn zu bewegen. So werden wir Neues zu Erzählen haben, wenn wir uns wieder ‚da draußen, auf Achse‘ begegnen.
„Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe“ (Lk 10,41) sagt Jesus im Predigttext unseres Abschlussgottesdienstes. „Wumm, Wumm, du hast viel Sorgen und Mühe, hattest viel Spaß und gute Motorradtouren“ könnte der Satz auf unseren alten Bekannten der acm umgemünzt werden. Laut war das Jahr, in der Dynamik der Pandemie, in den Sorgen unseres Lebens, in der Freude unseres Hobbies. Nun beginnt die stillere Zeit ohne Motorradfahren. Und auch eine Zeit der Nach- und Vorbereitung, des Reparierens und Auftankens, eine Zeit der Nach-Freude und der Vorfreude.
Die Erde rollt der Saison entgegen, wir tanken auf in dieser Nacht* –
mit Abstand und Anstand – gemeinsam mit Gott.
*frei nach EG 266