Die Frage, wer oder was eigentlich vergiftet ist – der Friedhofsboden oder die Beziehung des getrennten Ehepaars, das sich nach 10 Jahren in einer Friedhofskapelle wiedertrifft – wurde den Zuschauern am ersten Märzwochenende in einem emotionalen Drama von Joulia Meckoni und Bernward Ritter präsentiert. Unter Regie von Hans-Günter Gerhold erlebte das Publikum die aufwühlende Begegnung zweier Menschen, „die ein Kind, dann sich selbst und dann einander verloren“ haben. Neun Minuten lang hält eine Mutter ihr sterbendes Kind im Arm, neun Jahre später treffen sich die Eltern in einer Friedhofskapelle, um zum ersten mal wirklich über ihre Trauer zu sprechen.
Die Spannung zwischen den Protagonisten zog das Publikum durchweg in seinen Bann, so dass deren Schweigen zur eigenen erdrückenden Sprachlosigkeit wurde, die Verzweiflung der Mutter den eigenen Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen wiederspiegelte oder die hilflose Flucht des Vaters in ein neues Leben nachvollziehbar machte. Zwei völlig unterschiedliche Formen der Trauerbewältigung treffen aufeinander, umrahmt von der „gescheiterten Geschichte“ eines früheren gemeinsamen Lebens. Nähe und Distanz, die räumlich und emotional stets variieren, verdeutlichen die komplexe Situation.
Wer das Stück sieht, wird zum Nachdenken angeregt, eigene Erlebnisse oder Erinnerungen an Verlust werden angetastet, Verhaltensweisen wie in einem Spiegel vorgeführt. Es bleibt unbeantwortet, welche Art der Trauerbewältigung die Richtige ist, beide verharren als unbewertete, einander entgegengesetzte Reaktionen. Wer wollte, dem wurde nach dem Stück die Gelegenheit gegeben, die angeregten Gedanken bei einem ungezwungenen Getränk mit anderen auszutauschen, was auch vielfach angenommen wurde. Und so fand eine gelungene Darbietung mit ernstem und bewegendem Thema einen runden Abschluss.