…nein, in Berlin steht er nicht, sondern vor unserer Kirche stand einer und das kam so: Mitte März in der Corona – Krise wurde alles abgesagt: Passionsgottesdienste, Passionsandachten, Karfreitagsgottesdienst mit der Kantorei, Osterfrühgottesdienst mit gemeinsamen Frühstück – wie soll das gehen?, fragte ich mich. Predigt online? Da gibt es schon viele gute Angebote, sowohl in unserer Landeskirche als auch in unserer Propstei.
Hinzu kommt, dass viele Gemeindemitglieder gar nicht regelmäßig online sind, sondern analog. Also packten wir den alten Koffer vor die Kirche, morgens raus und abends wieder rein und in der Karwoche gab es in diesem Koffer zum Mitnehmen jeden Tag eine Passionsandacht, von Hans Günter Gerhold, Andrea Below und mir.
Für die Ostertage überlegten wir uns, einen dicken Briefumschlag mit drei Ansprachen für
Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern zu bestücken. Für jeden Haushalt der Gemeinde wurde einer kopiert, gefaltet, eintütet und schließlich austragen. Wenn wir dabei nicht Helfer*innen gehabt hätten, die kopiert, gefaltet eingetütet und an die Haushalte verteilt hätten, hätten wir das alles nicht geschafft. Euch allen, die ihr dabei wart, unseren herzlichen Dank dafür!
Ostersonntag um 10:00 Uhr standen wir mit einigen zufällig vorbeikommenden Menschen unter dem Kirchturm, die Glocken läuteten, der Choral „Christ ist erstanden“ erklang aus einem Lautsprecher. Am Turm hing ein vier mal vier Meter großes Banner mit der Aufschrift: „Christ ist erstanden“. Alle versuchten mitzusingen und wir haben dabei Tränen in den Augen, weil die Sehnsucht nach der Botschaft von Auferstehung und Gottes Nähe so groß ist, weil wir nicht in die Kirche durften, weil wir mit großem Abstand unter dem Turm standen und uns geistig so nahe waren wie selten.
Auf die Osterbriefe gab es so viele, sehr bewegende Antworten und Rückmeldungen, dass ich beschloss: Der Koffer bleibt stehen und jeden Tag, - wenn ich es schaffe - gibt es dort eine Andacht zum Abholen und an jedem Wochenende eine Ansprache zum Predigttext bis wir wieder Gottesdienst feiern können. Jeden Tag wollen wir die Kirche öffnen für stille Gebete und Einkehr von 15:00 – 17:00 Uhr und sonntags von 10:00 – 11:00 Uhr.
Heute am 4. Mai schreibe ich diese Erinnerungen auf und schaue auf dem nächsten Sonntag, an dem wir unter besonderen Bedingungen wieder Gottesdienst feiern können. Darauf freue ich mich sehr und hoffe, dass wir miteinander auf diesem Weg bleiben können und nicht eine zweite Welle uns in die Häuser zwingt.
Mit herzlichem Gruß, bleiben Sie
behütet an Leib und Seele,
Ulf Below